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NN

9. Juli 1999
"warenzeichen" als Gütesiegel
Preis für das Organisationsteam: Die gelungene Absolventenschau der Nürnberger Kunstakademie

Ortswechsel können mächtig beflügeln: Der Umzug der Nürnberger Akademie-Absolventen aufs "Nürbanum"-Gelände in der Südstadt brachte 1998 endlich wieder frische Farbe in die alljährliche Leistungsschau zum Studienabschluß. Der Energieschub hat angehalten. Auch diesmal sind die Absolventen in den "Businesspark" gegangen, haben Ihre Ausstellung wieder selbst organisiert und als Novum außerdem ein ganzwöchiges Rahmenprogramm auf die Beine gestellt.
Den Lohn gab's schon vor der Eröffnung: Die Jury sprach den Absolventen preis diesmal keinen Einzelkünstlern zu, sondern dem siebenköpfigen Organisationsteam. Man sei sich bewußt, so die Juroren, "daß man mit diesem Schritt neue Wege geht, da man nicht den traditionellen Werkbegriff - und damit Kunstbegriff - bedient, sondern einen Strukturgeber prämiert, der aber den Kunstbetrieb in allen Bereichen durch seine Arbeit reflektiert".
Von soviel Ehre waren die Organisatoren selbst überrascht. "Die Preisentscheidung hat uns umgeweht", sagt Christa Wilhelmine Lösel, die sich gemeinsam mit Reiner Hofmann, Thorsten Jones, Stefan Krüskemper, Verena Manz, Wolfgang May und Pirko Schröder die Anerkennung wohlverdient hat.
Obwohl der Titel der Schau - "warenzeichen" - einen messeartigen Aufbau wie im Vorjahr nahegelegt hätte, wurde auf Teilungen der eintausend Quadratmeter großen Ausstellungsflächen über dem Taco-Restaurant verzichtet. Der luftig-weite Raumeindruck bleibt so erhalten, was den großen Werken zugute kommt, kleinere aber etwas verloren erscheinen läßt.
Tatsächlich ist nicht alles, was hier von über 30 Absolventen gezeigt wird, überzeugend oder originell, manches wirkt auch banal. Doch gibt es genügend gelungene Kunststücke, um die von 20 Sponsoren unterstützte Ausstellung zu einer lebendigen Qualitätsschau zu machen.
Das fängt schon draußen an. Entlang der gesamten Frontfassade hängen mit roter und orangefarbener Flüssigkeit gefüllte Plastikschläuche von Reiner Hofmann, in denen der Pegelstand dank solarbetriebener Pumpen je nach Sonnenintensität variiert. Auf die Balkonbrüstung davor hat Christian Rösner rohe Holzklötze mit winzigen Tonfiguren obenauf gestellt. Innen begegnet man wieder einer seiner raumhohen Holzfiguren - diesmal "Mann mit Löwe".
An gleicher Stelle wie bei der kürzlich hier präsentierten "jetzt" - Ausstellung zeigt Thomas May erneut seinen aufgeblähten Leinwandbauch aus Polyurethan, allerdings nicht im Original, sondern als großes Ausstellungsphoto. Bernd Klausecker bedient den "warenzeichen"-Titel gekonnt mit seinen materialtäuschenden Email-Malereien und gezeichneten Handtüchern. In der L-Passage auf dem "Nürbanum"-Gelände errichtete Stefan Kräskemper eine temporäre Kapelle, in der zu Gottesdiensten und Internet-Meditationen eingeladen wird.
Für die abwechslungsreiche, ein breites künstlerisches Spektrum abdeckende Absolventenschau sollte man Zeit mitbringen. Dann wird sie zu einem spannenden Parcours der Entdeckungen.

Regina Urban